Bis Ende 2018 will die Telekom alle ihre Netze auf All-IP umstellen. Das bedeutet das „Aus“ für die ISDN Telefonie und die herkömmlichen Anbindungsszenarien.

Panikmache:

Etliche Carrier und Hersteller nutzen dies auch für ein wenig „Panikmache“ um die Geschäftskunden zu drängen, in eine neue IP-fähige TK-Lösung oder sogar in eine Cloud-Lösung zu investieren. Nicht immer ist dies notwendig bzw. sinnvoll!

Jedes Unternehmen muss für sich klären, was die Umstellung konkret bedeutet. Fast alle bestehenden TK-Systeme lassen sich auch über ein ISDN-IP-Gateway anbinden. Deutlich kritischer sind angeschaltete technischen Geräte, die ISDN zur Datenübertragung nutzen, wobei es dabei egal ist, ob diese an die TK-Anlage oder direkt an einen ISDN-Anschluss angeschlossen sind.

Was bedeutet die IP-Umstellung für mein Unternehmen?

Jeder Geschäftskunde sollte sehr genau für sich klären, was der Wegfall konkret bedeutet. Sprich, zu was genau wird der Anschluss genutzt und vor allem mit was. Mitnichten ist ein ISDN-Anschluss nur ein reiner Telefonanschluss. Er wird häufig auch zur Datenübertragung und für andere Anwendungen wie FAX, Modemkommunikation wie z.B. Frankiermaschinen oder sogar noch für alte Videokonferenzsysteme genutzt. Auch Alarmlagen und Einbruchmeldeanlage kommunizieren über ISDN. Außerdem bestehen hier Versicherungsvertragsabhänigkeiten. Und ein nicht unerheblicher Teil unserer Bezahlungen wird noch über ISDN, genauer über ISDN-basierte Kreditkaten- und EC-Terminals abgewickelt.

Je nach individueller Abhängigkeit kommen eventuell elementare Änderungen auf Sie zu. Ein altes ISDN-basiertes Videokonferenzsystem wird dann sicherlich zum Elektroschrott. Für andere Geräte gibt es Updates oder Ersatz.

Wer bezahlt die Kosten der Umstellung? Schließlich ist es eine Zwangsumstellung!

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung handelt es sich bei der All-IP-Umstellung um keine „Zwangsumstellung“. Vielmehr beendet ein Vertragspartner – in diesem Fall der Anbieter – den mit dem Kunden bestehenden Vertrag. Jeder Kunde kann dann versuchen, einen anderen Anbieter zu finden oder einen Produktwechsel auf ein IP-basiertes Produkt durchzuführen.

Wir wollen bei ISDN bleiben. Können wir nicht einfach den Anbieter wechseln, um so dem Ganzen zu entkommen?

Das können Sie versuchen. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass ISDN generell endlich ist. Im internationalen Vergleich ist ISDN nicht mehr State of the Art und die meisten Netze werden abgebaut. Außerdem sind die Angebote, einen klassischen ISDN-Anschluss zu erhalten, der alles offeriert was auch die Telekom angeboten hat, sehr überschaubar und oft zeitlich begrenzt und nicht überall verfügbar.

Die ISDN-Mogelpackung:

Viele Anbieter bieten „nur“ einen IP-basierten Anschluss mit integriertem ISDN-Gateway als „ISDN“-Mogelpackung an. Besondere ISDN-Eigenschaften wie Taktsynchronität, Kanalbündelung und analoge Datenübertragung mit 56Kb/s sind dann aber meist nicht mehr verfügbar. D.h. der Kunde macht hier implizit auch eine IP-Umstellung – mit allen Nachteilen oder ohne die Vorteile von IP!

Was ist zu tun:

Das hängt davon ab, wofür Sie sich entscheiden.

In jedem Fall ist eine detaillierte Bestandaufnahme der erste Schritt. Dabei sollten Sie genau in jede „dunkle“ Ecke – in diesem Fall auf jeden TK-Port und die dahinterstehenden ggf. im Keller stehenden Geräte – schauen. Eine Zusammenarbeit mit einem erfahren Spezialisten bietet sich bei größeren Installationen an. Dies ist die Grundlage für die Entscheidung, welche Optionen Ihnen offen stehen.

Dies vermeidet aber auch, das am der Tag der Umschaltung plötzlich Ihre Kunden nicht mehr per EC bezahlen können – oder Sie keine Aufträge mehr per FAX empfangen – oder Sie Ihren Versicherungsschutz verlieren!

Welche Optionen habe ich:

Ist Ihre Anlage nicht SIP-fähig, besteht die Möglichkeit, die Anlage über ein sogenanntes Media-Gateway anzuschließen. Dieses bietet einen ISDN-Anschluss, der auf einen SIP-Trunk umgesetzt wird und ist sicherlich der einfachste Weg für eine Migration. Nachteil ist, dass dieser ISDN-Anschluss auch nicht alle klassischen ISDN-Funktionen bietet. Wobei viele davon so exotisch sind, dass sie kaum einer benötigt bzw. nutzt. Hauptaufwand ist die Prüfung und ggf. Ersatz aller Sondergeräte und ISDN-basierten Anwendungen.

Oder aber Sie können Ihre Anlage (sofern diese das unterstützt) direkt bei einem SIP-Trunk-Anbieter über IP anschalten. Vorteil ist hier u.a., dass eine Skalierung z.B. für weitere Sprachkanäle viel einfacher und oft kostengünstiger möglich ist. Über einen ISDN-Basisanschluss können z.B. zwei Sprachkanäle übertragen werden. Mit IP in Verbindung mit VDSL-Vectoring sind es mehr als 100 Sprachkanäle!

Ersetzen Sie Ihre bisherige Installation durch die Cloud-Telefonie, dann fällt Ihre alte TK-Anlage ersatzlos weg. Ihre lokale Infrastruktur sollte dann aber bereits leistungsfähig und „fit“ für VoIP sein. Unter anderem sollte Ihr Netz QoS-fähig sein und noch Leistungsreserven haben. Ggf. sollten Sie auch hier Ihren Netzwerkbetreiber oder einen Spezialisten zu Rate ziehen.

Haben Sie noch alte Hubs oder sogar Windows XP im Einsatz, dann ist eine Cloud-PBX mit Sicherheit nicht die richtige Wahl für Sie. Auch mit einem Anteil von mehr als 5-10% Sondergeräten ist eine Cloud-Lösung nicht empfehlenswert.

Fragen zu Fax:

Mit vielen Lieferanten und Kunden kommunizieren wir noch per Fax. Funktioniert das Fax weiterhin reibungslos?

Es besteht die Möglichkeit, beispielsweise ein analoges Faxgerät via Analogadapter (ATA) anzuschließen. Je nach Anwendungsszenario kann es aber zu Laufzeitproblemen kommen. Es gibt aber auch grundsätzlich den Ansatz, Faxe am Rechner zu empfangen und zu senden (eFax). Dabei wird das Dokument einfach über einen Computer an den Fax-Dienstleister übermittelt, dieser sendet es dann an den endgültigen Empfänger.

Oft übersehen: Fernwartungszugänge

Unsere Heizung, Aufzug usw. werden per ISDN ferngewartet und teilweise gesteuert. Funktioniert das künftig nicht mehr und sind dann ggf. teure Technikerbesuche erforderlich?

Letztlich hängt auch dies wiederum davon ab, wofür Sie sich entschieden haben. Grundsätzlich bieten SIP-Trunks auch diese Möglichkeit der Fernwartung über das alte ISDN-Datenübertragungsprotokoll im B-Kanal. Dies wird bei SIP Clear Channel (RFC 4040) genannt und wird von einigen – aber nicht allen – Carriern angeboten.

Zudem haben auch die Hersteller mittlerweile ihre Services oft für IP vorbereitet, so dass ein – wieder kostenpflichtiges – Upgrade auf IP erfolgen kann.

Wie sieht es im All-IP-Netz mit der Sicherheit beim Telefonieren aus?

Überall liest man, dass VoIP so einfach abzuhören sei.

ISDN ist nicht verschlüsselt und sehr einfach abzuhören. IP (und die darunterliegenden Protokolle) sind da schon etwas komplizierter abzuhören, stellen aber für einen versierten Techniker auch keine Hürde da. Aber bei IP ist das Verschlüsseln recht einfach und wird international praktiziert (z.B. bei HTTPS). Viele Carrier bieten inzwischen die Möglichkeit, die Gesprächssignalisierung und Gespräche zu verschlüsseln (SIPS bzw. SRTP).

Daher kann man pauschal sagen, das ISDN und IP gleich unsicher sind. Bei IP lässt sich aber mit geringen Aufwand eine Verschlüsselung und somit ein effizienter Abhörschutz und Missbrauchsschutz realisieren. Bei ISDN waren dazu noch Spezialgeräte für viele tausend Euro notwendig.

Fazit

Frei nach Douglas Adams: Don’t panic – but act soon

Mit einer soliden Bestandsaufnahme lassen sich die Problemfelder schnell identifizieren und es bleibt Zeit zu reagieren.

Oft ist ein Gateway-Lösung bereits eine einfache und effiziente Lösung , eine Neuanschaffung sollte nur nach guter Vorbereitung und Analyse durchgeführt werden.

Wenn Sie Fragen haben oder weitere Informationen wünschen, sind wir gerne für Sie da. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Sie!