Der Umbau des Telefonnetzes ist in vollem Gange. Privatkunden werden bereits seit geraumer Zeit auf sogenannte All-IP-Anschlüsse und Internet-Telefonie umgestellt, bei denen Telefonate nicht mehr über ISDN sondern über SIP und dem Internet Protokoll abgewickelt werden. Auch bei Geschäftskunden bleibt die Zeit nicht stehen. Carrier drängen diese, ihre alten ISDN Anlagenanschlüsse zu migrieren. Zum Teil werden auch schon die ersten „harten“ Kündigungen durch die Carrier verschickt. Daher müssen sich alle Unternehmen, die noch ISDN haben, mit der SIP-Technologie beschäftigen. Eine entscheidende Rolle bei der Umstellung spielen die sogenannten SIP-Trunks.

Was ist ein SIP-Trunk?

Ein SIP-Trunk ist vergleichbar mit einem ISDN Anlagenanschluss. Er arbeitet jedoch über IP (Internet Protokoll) und wird in der Regel über einen Internetanschluss realisiert. Im Unterschied zum Basis-Anschluss im Privatkundenumfeld kennt der SIP-Trunk wie der klassische Anlagenanschluss nur die Kopfnummer, die Verwaltung der Nebenstellen ist weiterhin Aufgabe einer TK-Anlage.

SIP-Trunks können technisch auch zur Verbindung zwischen TK-Anlagen eingesetzt werden (früher „Querverbindungen“). Diese Anwendung steht aber nicht im Fokus dieses Artikels.

Wo liegen die Unterschiede zum ISDN Anlagenanschluss?

  • Größere und flexiblere Anzahl von Sprachkanälen
  • Im Standardfall nur eine Anschlussleitung möglich (keine Bündelung)
  • Höhere Flexibilität bei Standortwahl, Umzügen und im Umgang mit Rufnummernblöcken
  • (fast) kein Ortsbezug mehr
  • Redundante Leitung leicht möglich
  • Mehrere Leitungen mit Lastverteilung nur mit Spezialequipment (SBC)
  • Auslandsgespräche einfacher und günstiger, da ggf. spezielle Carrier verwendet werden können
  • Querverbindungen sehr einfach möglich
  • Zentralisierungen von TK Anlagen möglich

 

Die meisten Provider führen die Internet-Telefonie inkl. SIP-Trunk primär nicht „zum Wohle des Kunden“ ein, sondern um von den alten, teuren und sehr energiehungrigen ISDN-Vermittlungsstellen wegzukommen. Die ISDN-Vermittlungsstellen in Deutschland verbrauchen ungefähr so viel Energie wie der Zugbetrieb der Deutschen Bahn!

Daher liegt der Schwerpunkt bei den Providern eher auf guter Migrationsfähigkeit als auf neue Features. Gut für den, der eine ISDN-TK-Anlage über ein Voice-Gateway an einem SIP-Trunk betreiben will, schwieriger für denjenigen, der die Vorteile der IP-Welt voll und ganz ausnutzen will.

Das Telekommunikationsgesetz (TKG), welches noch aus der ISDN-Zeit stammt, gilt gleichermaßen für SIP-Trunk-Anbieter und schränkt die theoretisch realisierbaren Lösungen ein. So geht das TKG noch davon aus, dass im Fall eines Notrufs zu einem Gespräch in Echtzeit der Standort ermittelt werden soll. Die Zuordnung einer IP-Adresse eines IP-Clients zu einem Standort ist aber heute (IP-Provider-übergreifend) nicht in Echtzeit möglich.

Insgesamt lassen sich mit SIP-Trunk deutlich flexiblere Lösungen realisieren. Dies führt aber leider auch zu einer höheren Komplexität und dementsprechend bei der Planung, bei der Realisierung und bei einer eventuellen technischen Entstörung zu größeren Aufwänden. Typisch ist inzwischen, dass eine TK-Anlage die Versorgung mehrerer Standorte vornimmt. Damit muss sich die TK-Anlage oft aber um mehrere Rufnummernblöcke kümmern und ggf. mit mehreren Carriern kommunizieren. Zusätzlich muss die TK-Anlage alle Bandbreiten auf allen internen Verbindungen sowie den externen Leitungen im Auge behalten und dafür sorgen, dass diese nicht mit Gesprächen überlastet werden. Der Vorteil eines einfachen und flexiblen Umzugs eines Mitarbeiters (mit Beibehaltung der Nebenstelle) innerhalb oder zwischen Standorten steht der neuen Komplexität der TK-Lösungen gegenüber.

Alles aus einer Hand oder Baukasten mit „Over the Top“-Produkten?

Als „Over the Top“-Provider werden Anbieter bezeichnet, die ihre Dienstleistung unabhängig von einem Netzzugang anbieten. Bei E-Mail-Postfächern sind wir das mit GMX und Gmail von Google statt der früher üblichen Carrier-gebundenen E-Mails-Adresse (t-online.de, arcor.de) schon lange gewöhnt. Bei Telekommunikationsdienstleistungen ist dies aber noch nicht so verbreitet. Wenn die einzelnen Bausteine (IP-Anbindung, SIP-Trunk Provider, TK-Anlage, Sonderlösungen z.B. Callcenterlösungen) von verschiedenen Anbietern bezogen werden, lässt sich für jede Aufgabenstellung ein gute, effiziente und insbesondere wirtschaftlich interessante Lösung finden. Hier ist es vorteilhaft bzw. notwendig, ein gutes technisches Wissen (Netzwerkanalyse, etc.) im Hause zu haben. Alternativ sollte man einen Servicepartner beauftragen, der auch das Fachwissen hat, um eine Entstörung bzw. eine hieb- und stichfeste Analyse und Ermittlung des für die Störung verantwortlichen Systems vorzunehmen (z.B. Endgerät, TK-Anlage, lokales LAN, Firewall, SBC, WAN-Anbindung, Telefonieprovider).

Eine gute Alternative besteht darin – insbesondere wenn es sich um kleinere Installationen handelt (ein SIP-Trunk, eine TK-Anlage) – die komplette Lösung von einem Provider zu beschaffen. Auch die TK-Anlage sollte – wenn sie nicht direkt über den Provider bezogen wird – zumindest in der Referenzliste des Providers enthalten sein. Hier ist auf den Firmware-Stand zu achten, denn SIP-Trunk ist nicht gleich SIP-Trunk! Auch wenn der Provider keinen Betrieb für Router und TK-Anlage durchführt, zeigen sich die meisten Provider bei Problemen dann deutlich kulanter und gehen – ohne dass die Ursache eindeutig identifiziert ist – eine Entstörung an. Ein „Abschieben“ auf andere „das muss an ihrer TK-Anlage oder an ihrer WAN-Verbindung liegen“, findet somit deutlich seltener statt.

Sicher ist sicher!

SIP ist leider ein Protokoll, das weitere IP-Verbindungen auf vielen Ports und zum Teil weiteren IP-Adressen öffnet. Kurz: Der Alptraum jedes Firewall-Administrators. Daher sollte er beim Thema Sicherheit in jeder Planung von Anfang an mit dabei sein. Für kleine Unternehmen gibt es bereits fertig konfigurierte und gehärtete TK-Anlagen. Große Unternehmen setzen oft auf vorgeschaltete Session Border Controller (SBC). Von Softwarelösungen, die auf Kunden eigenen Betriebssystemen (insbesondere Windows) installiert werden, sollte – ohne besondere Maßnahmen und entsprechendes Know-how – auf jeden Fall abgesehen werden. Ein nicht rechtzeitig eingespielter Patch oder nicht sauber konfigurierte Systemparameter werden hier schnell zur Sicherheitslücke.

Kleine Hürden und Fallen:

Einige Provider beschränken ihre Produkte an Stellen, die so von den Kunden nicht erwarten werden.

Z.B. ist es bei Produkten mancher Provider nicht möglich mehr als 8 Sprachkanäle zu nutzen. SIP-Trunk-Produkte anderer Provider sind auf dem identischen Anschluss auch mit mehr Sprachkanälen nutzbar, dann aber ohne QoS/Priorisierung. Hier kann es dann zu Einbußen an Sprachqualität führen, wenn die Telefonie über einen Internetanschluss geführt wird, der parallel auch für andere Zwecke genutzt wird.

FAXen machen …  nicht immer einfach

Fax gilt als altmodisch und völlig überholt. Trotzdem hat es in der Geschäftswelt immer noch eine hohe Bedeutung und wird millionenfach genutzt. In der Kommunikation von Ärzten, Apotheken, Autohäusern, Versicherungen, Anwälten und in vielen weiteren Branchen ist Fax heute immer noch ein Standardkommunikationsmittel. Und selbst bei manchen SIP-Trunk-Anbietern ist eine Kündigung nur schriftlich per Brief oder eben per Fax möglich (auch wenn die Bestellung schon lange online erfolgen kann).

Die Fax-Übertragung über IP kann bei SIP bzw. SIP-Trunk ein sehr steiniger Weg sein. Zu einem Fax-Anschluss geht es, zu einem anderen nicht. Manchmal werden nur einige Seiten übertragen und dann bricht die Verbindung ab. Hier ist es nicht immer einfach den Fehler zu finden.

Langfristige Planung:

Eine kleine TK-Anlage auf SIP-Trunk umzustellen, ist schnell erledigt. Aber wie sieht es mit der langfristigen Planung für mehrere Standorte aus? Und sind alle Sonderlösungen (Fax, Alarm- und Brandmeldeanlagen, EC-Terminals, etc.) berücksichtigt? Ist eine Zentralisierung der TK-Anlagen sinnvoll? Bei all diesen Fragen ist eine frühzeitige Planung mit einem fachwissenden Partner sehr von Vorteil.

Fazit: Wer SIP-Trunk oder eine Migration auf SIP-Trunk plant, sollte entweder:

  • Fachwissen im eigenen Hause haben
  • oder einen Partner, z.B. ein Systemhaus, mit gutem Fachwissen einbeziehen
  • oder – für kleinere bzw. einfachere Lösungen – auf einen Provider zurückgreifen, der aus einer Hand SIP-Trunk, WAN-Anbindungen und Geräte bereitstellen kann.

 

Adiccon verfügt in diesem Bereich über viele Jahre Erfahrung sowohl bei Endkunden als auch Serviceprovidern und kennt daher die Probleme und die entsprechenden Lösungen für die unterschiedlichsten Anforderungen. Auch über ein eigenes Testlabor haben wir unser Know-how in diesem Bereich erweitern und so erfolgreich in Kundenprojekten einbringen können.

Wenn Sie Fragen haben oder weitere Informationen wünschen, sind wir gerne für Sie da. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf – wir freuen uns auf Sie!