In Zeiten der Pandemie sind viele Berufstätige, Auszubildende wie auch Schülerinnen und Schüler darauf angewiesen, ihren Aufgaben von zu Hause aus nachzugehen. Home-Schooling und Home-Office werden zur gelebten Erfahrung des digitalen Wandels und Notebooks und Tablets zu dessen essentiellen Utensilien.

Mit der Verlagerung der beruflichen und schulischen Aktivitäten in das Heimnetz wächst es in seiner Bedeutung zu einer unverzichtbaren Komponente der Berufsausübung und muss sich damit den weitaus höheren Anforderungen der unternehmenskritischen Geschäftsanwendungen an die Qualität des Netzdienstes stellenstellen.

Qualitätsausfälle an dieser Stelle führen zu unmittelbaren Stresssituationen, behindern ein effizientes Arbeiten und wirken sich häufig auf einen größeren Personenkreis aus. Nahezu jeder, der an Videokonferenzen mit Notebook oder Tablet teilgenommen hat und häufig selbst präsentieren musste, kennt solche Situationen. Mangelnde Sprachverständlichkeit, eine zeitverzögerte Übertragung der Präsentation und stockende Abläufe am Bildschirm können den Wert von Online-Meetings drastisch reduzieren.

Doch häufig sind Heimnetze nicht daraus ausgerichtet, derartige Anforderungen zu erfüllen.

  1. Häuser und Wohnungen sind nicht wie Büros verkabelt, sondern WLAN ist die dominierende Vernetzungstechnik. Doch im WLAN teilen sich alle Stationen das Medium und alle Applikationen konkurrieren darum, senden zu können.
  2. Das Heimnetz ist häufig über einen DSL-Anschluss mit niedriger „upstream“ Datenrate angeschlossen. Das war ursprünglich nicht so problematisch, aber weil Home-Working und Home-Schooling Anwendungen häufig bidirektionalen Datenverkehr erzeugen, beispielsweise bei einer Videokonferenz, gewinnt eine ausreichende upstream Datenrate zunehmend an Bedeutung.

Wir wollen in diesem Artikel auf den Aspekt Qualität im WLAN eingehen und Möglichkeiten aufzeigen, wie ein Home Working oder Home-Schooling davon profitieren kann. Dabei konzentrieren wir uns auf WLAN nach den Standards IEEE 802.11n und IEEE 802.11ac in den Frequenzbändern bei 2.4GHz und 5GHz, wie sie derzeit im Heimbereich überwiegend anzutreffen ist.

Der Werkzeugkoffer für WLAN QoS enthält eine ganze Reihe von Instrumenten, mit denen eine gute WLAN-Qualität und damit neudeutsch User Experience (UX) gesichert werden kann:

  • Channel Selection (Kanalwahl)
  • Band Steering (Auswahl des WLAN Bandes)
  • Placement (Platzierung von Router und Endgerät)
  • Mesh
  • WLAN-QoS mit Airtime Fairness und Airtime Policy Enforcement
  • 4G/5G Failover

In unseren nächsten Blockbeiträgen wollen wir diese Möglichkeiten näher betrachten. Im ersten Teil geht es um die Channel Selection.

Channel Selection

Im Heimbereich kommt es auf Grund der Nachbarschaft von WLAN-Systemen häufig zu Überlappungen der Empfangsbereiche. Insbesondere im Frequenzband von 2.4GHz können sich diese als besonders störend auswirken, wenn wegen der Kanalbreite von 20 MHz die Funkkanäle der Nachbarn und der eigene Kanal überlappen. Im 5GHz Bereich ist das weniger ein Problem, weil dort die Basiskanäle mit einer Kanalbreite von 20MHz überlappungsfrei festgelegt wurden. Bei überlappenden Funkkanälen kommt es zu Interferenzen am Empfänger, wenn gleichzeitig gesendet wird. Die Interferenz wirkt sich dann als Störung der Übertragung aus, welche wiederholt werden muss. Es gilt daher, solche Kanalüberlappungen zu vermeiden, und einen möglichst wenig besetzten, möglichst überlappungsfreien Kanal auszusuchen. Diese Aufgabe kann der Access Point übernehmen. Dieser sollte über eine „AutoChannelSelect“-Funktion verfügen, die man in den Konfigurationseinstellungen aktivieren kann. Viele moderne Router für den Heimbereich besitzen diese Funktion, doch ist ihre Anwendung nicht einheitlich. Bei einigen Systemen wird die Kanalwahl nur einmalig ausgeführt, gegebenenfalls nach dem Ein/Aus-Schalten des WLAN-Moduls. Bei anderen Systemen wird die Kanalwahl regelmäßig überprüft und gegebenenfalls angepasst. Dabei zeigen unsere Untersuchungen im Labor, dass die Geräte in derselben Umgebung zur gleichen Zeit ganz unterschiedlich reagieren. So wechselte das Gerät des einen Herstellers seinen Kanal circa 2-3 Mal am Tag, während das Gerät eines anderen Herstellers den Kanal mehrmals pro Stunde anpasste.

Doch gerade Letzteres kann leicht einen unerwünscht gegenteiligen Effekt verstärken, wenn der Kanalwechsel dazu führt, dass die Endgeräte sich erst nach längerer Zeit wieder mit dem WLAN verbinden. Daraus resultieren wiederholte Verbindungsunterbrechungen, die eine gute User Experience bei Online-Konferenzen erheblich beeinträchtigen.

Bei unseren Untersuchungen mit gängigen Heimroutern stellten wir fest, dass das WLAN-Signal bei einem Kanalwechsel in der Regel binnen 10 Sekunde wiederhergestellt war, doch dauerte es bei einigen Gerätetypen bis zu 90 Sekunden, bis ein Windows PC wieder mit dem WLAN verbunden war.

Die untenstehende Abbildung demonstriert die Auswirkung eines Kanalwechsels auf die WLAN-Verbindung zwischen Endgerät und Access Point.

Zwar gibt es seit der Standarderweiterung 802.11h eine Funktionalität, die einen Kanalwechsel kontrolliert einleitet, und die in IEEE 802.11y noch einmal verbessert wurde, jedoch beeinflussen eine Reihe von Faktoren, die im Zusammenspiel von Endgerät und Accesspoint liegen, den planmäßigen Ablauf eines kontrollierten Kanalwechsels.

Deswegen mag ein technisch Versierter den WLAN-Kanal selbst festlegen wollen, und diesem wollen wir zum Schluss dieser Folge noch einige Hinweise geben. Es sind ja mittlerweile eine Reihe von Tools verfügbar, mit denen man sich die Nutzung der verschiedenen WLAN-Kanäle anzeigen lassen kann und häufig haben auch moderne Heimrouter eine Anzeige, die über die WLAN-Nutzung der einzelnen Kanäle Auskunft gibt. Aus solchen Anzeigen lassen sich die Kanäle identifizieren, die weniger als andere genutzt werden.

Jedoch ist es gerade im 2,4GHz Bereich nicht empfehlenswert, einen Kanal auszuwählen, der selbst zwar weniger genutzt wird, aber nächster oder übernächster Nachbar von häufig genutzten Kanälen ist. Das liegt an den Auswirkungen der Interferenz überlappender Bänder aus den Nachbarkanälen. Denn

eine Interferenz überlappender Bänder aus Nachbarkanälen kann einen WLAN-Empfang weitaus stärker stören als es einige fremde WLAN-Systeme auf demselben Kanal vermögen.

Das liegt an dem Verfahren, das den Zugriff auf die Luftschnittstelle regelt. Dieses sogenannte CSMA/CA Verfahren sorgt dafür, dass nur ein WLAN-System auf einem Kanal sendet und verhindert, dass mehrere WLAN-Systeme auf diesem Kanal gleichzeitig senden und den Empfang so gegenseitig stören.

Bei benachbarten Kanälen ist CMSA/CA weitaus weniger effektiv, so dass zwei WLAN-Systeme auf diesen Kanälen gleichzeitig senden können und den Empfang so gegenseitig stören.

Es ist daher empfehlenswert, einen der sogenannten überlappungsfreien Kanäle zu wählen, zumal damit auch eine Kanalbündelung von 40 MHz im 2,4GHz Bereich störungsfreier zu realisieren ist. Im europäischen Raum könnten bei 2,4GHz die Kanäle 1,5,9 und 13 genutzt werden, doch geht die Empfehlung dahin, auf die Kanäle 1,6 und 11 zurückzugreifen, um eine größere Kompatibilität mit Geräten des internationalen Marktes herzustellen. So beschränkt ein großer deutscher Netzanbieter die automatische Kanalwahl in seinen Heimrouter auf die letztgenannte Kombination.

Man muss sich jedoch von dem Gedanken verabschieden, mit einer Maßnahme alleine seine WLAN-Probleme beseitigen zu können, sondern es bedarf eines umfassenden Ansatzes, wie er am Anfang bereits angesprochen und in den kommenden Folgen weiter ausgeführt wird.

Weitere Artikel dieser Serie:

WLAN QoS (2): Gute Bedingungen für ein Arbeiten von zu Hause – Band Steering